Die dramatische Trennung des Säuglings von seiner Mutter

Die schlimmste und für das Neugeborene dramatischste Veränderung ist die körperliche Trennung von der Mutter nach der Geburt. Säuglinge sind auch nach einer normalen neunmonatigen Schwangerschaft biologische Frühgeburten. Der Kopf hat einen Umfang, der auf die Größe des Geburtskanals des weiblichen Beckens abgestimmt ist. Das Kind lebt in dieser Zeit noch in einer extremen Abhängigkeit von seiner Mutter, deren schützende Geborgenheit im Uterus es biologisch viel zu früh verlassen musste. Es ist auf ständige Nähe, Wärme, Ernährung und Fürsorge, auf all das, was es bisher im Muttterleib hatte, noch für viele Monate angewiesen, um sich gesund entwickeln zu können. Es hat das Bedürfnis genährt, geliebt, gehalten, berührt, gestreichelt und umsorgt zu werden. Die unmittelbare Befriedigung seiner körperlichen und emotionalen Bedürfnisse sind unerlässlich für sein Wohlbefinden. Seine Liebes- und Glücksfähigkeit werden jetzt für das ganze Leben geprägt. Wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, ist das Kind in Gefahr an Leib und Leben.
Die körperliche und seelische Entwicklung beeinflusst auch die Leistungsfähigkeit des Gehirns und die Intelligenz des Kindes und damit seine Zukunft. Laut dem deutschen Neurobiologen Gerhard Roth sind nur 20% unserer Persönlichkeitsmerkmale genetisch, der Rest ist umweltbedingt. Die meisten von uns sind mit ihm der Meinung, dass schon das, was die werdende Mutter während der Schwangerschaft  erlebt, falls es sich um schockierende oder traumatisierende Erlebnisse handelt, eine schädigende Wirkung auf das Gehirn des Kindes haben kann. Hinzu kommt die wichtige Bindungserfahrung des Kindes während den ersten 12 Monaten, die für die Entwicklung des Urvertrauens sein ganzes Leben beeinflussen wird.

Die Unsicherheit der Mütter ist eine der schädlichen Folgen unserer patriarchalen Unkultur und der Abwertung der Frauen durch die patriarchalen Religionen.

In unserer Gesellschaft unterdrücken viele Mütter ihre natürlichen Instinkte und lassen sich vom vermeintlichen Besserwissen der ›Experten‹ z.B. Kinderärzten, verunsichern und handeln gegen ihre eigene Natur und gegen die des Kindes. Mütter wurden überredet neuere, ›wirksamere‹ Methoden anzuwenden. »So versprach man sich eine günstigere Entwicklung des Kleinkindes z.B. von Pulvermilch anstelle von Muttermilch, rigiden Stundenplänen für die Nahrungsaufnahme und frühzeitiger Einführung von fester Nahrung; man redete Müttern ein, ihr Baby nicht übermässig zu berühren, da dieses verführerische Verhalten die Voraussetzungen für spätere Homosexualität schaffen könnte; dagegen wurde ein frühzeitiges, strikt ein eingehaltenes Reinlichkeitstraining empfohlen wie andererseits das Vermeiden einer übertrieben permissiven Haltung gegenüber dem Kind, da diese den Prozess der Sozialisierung erschweren würde, und anderes mehr. Was halfen die Proteste der ›hoffnungslos hinter den Mode zurückgebliebenen‹ Großmütter? Inzwischen muss man freilich einsehen, welch verheerende Wirkungen solche Maßnahmen auf die Entwicklng der Kinder haben… Bis in die Gegenwart haben Wissenschaftler die Rolle des Instinkts beim Menschen als unwesentlich betrachtet. Man konnte daher nicht anerkennen, was offen zutage lag: dass eine von ihrem Instinkt geleitete Mutter einen viel besseren Kontakt zu ihrem Säugling hat, als wenn sie ›wissenschaftlich fundierten‹ Ratschlägen gehorcht.» (Doris F./David A. Jonas ›Das erste Wort – Wie die Menschen sprechen lernten‹ 1979, S. 164 f.)

Mit den neuen Methoden wurden die Bedürfnisse des Kleinkindes kaum respektiert, seine ausgesandten Signale nicht ernst genommen. Statt der buchstäblichen ›Nestwärme‹ wird das Kind in vielen Fällen aus dem ›Nest‹ geworfen, ›abgeschoben‹ und isoliert. Das Baby, das im Mutterleib nicht nur Schutz, Geborgenheit und Nähe empfand, sondern auch die Stimme der Mutter und alle Geräusche, den Herzschlag, das Rauschen des Blutes, die Reaktionen der Verdauung, die Kontraktionen und Bewegungen ihres Körpers erlebt hatte, wird jetzt einer ungewohnten Ruhe und Absonderung ausgeliefert. In der Abgeschiedenheit des Kinderzimmers erlebt es eine entsetzliche Einsamkeit, Verlassenheit, unerfülltes Verlangen, Sehnsucht, Hunger, ungeheuren Schmerz und Todesangst. Und manchmal stirbt ein Kind daran. Während Jahrtausenden haben Mütter ihre Kinder an ihrem Körper gehalten, haben ganz natürlich mit ihren Kindern geschlafen, zum Wohle von beiden. Es scheint, dass der plötzliche Kindstod bei Naturvölkern nicht vorkommt. Und auch bei uns hat man noch nie gehört, dass ein Kind, das im Bett mit seiner Mutter schlief, den plötzlichen Kindstod starb. Kein Kind stirbt am Körper seiner Mutter – wenn es nicht todkrank ist.

›Keine andere Kultur hat so viele Entschuldigungen erfunden, eine Mutter von ihrem Kind fernzuhalten‹. (Jules Henry ›Pathways to madness‹ 1965)

Dies bestätigt eine Kulturzeit-Sendung des deutschen Fernsehens vom 23.4.2013:
»Der Nationalsozialismus hat ganz bewusst einen Keil zwischen Eltern und Kinder geschoben. Die staatliche Erziehung hat relativ früh eingesetzt, um Kinder so zu Nationalsozialisten zu erziehen, die davon tausendprozentig überzeugt sind«, sagt die Psychoanalytikerin Inka Quindeau. Und der Kommentar dazu: ›Zuletzt schickten deutsche Mütter ihre Söhne in den Krieg, als Kanonenfutter wurden sie dann missbraucht.‹
»Diese Feindlichkeit den Kindern gegenüber habe sich tradiert, meint die Autorin. Sie glaube, dass jetzt nachfolgende Generationen ganz viel unbewusst tun, um diese Feindlichkeit zu kompensieren und versuchen in ihrer bewussten Erziehung der Kinder besonders zugewandt und liebevoll zu sein, um dieses dramatische Erbe in irgend einer Weise zu bewältigen.« So gehen Mütter mit den Traumen, die patriarchale Männer, ihnen und ihren Kindern angetan haben um. Dagegen tönt es geradezu zynisch, wenn in der gleichen Sendung ein von seiner Weisheit überzeugter Familiensoziologe (Norbert F. Schneider) glaubt, er müsse den inkompetenten Müttern Ratschläge erteilen: »Was uns fehlt, ist ein vernünftiges Maß an Gelassenheit. Kinder entwickeln sich auch dann gut, wenn wir nicht permanent für sie da sind, wenn wir nicht permanent meinen, wir müssen das Allerbeste für sie tun. Diese Gelassenheit fehlt uns und dadurch verkomplizieren wir Elternschaft im Alltag selber. Kinder sind nicht so hilfsbedürftig und verletzlich, wie wir sie heute konstruieren, sondern das, was sie schon immer waren: robust, egoistisch, selbstbewusst. Wir müssen ein Stück weit auf Distanz gehen können, wir müssen uns ein Stück weit abgrenzen können, dann können wir sie ertragen! Und nur dann können wir das Beste für sie geben.«
Obwohl Männer nur in Ausnahmefällen interessierte, engagierte, liebevolle Väter sind, wissen sie scheinbar am besten, was für Kinder und Mütter gut ist. Das wussten auch die deutschen Nazi, indem sie den die Lebensborn-Einrichtung schufen. Das taten schon die alten Ägypter unter den faschistischen Pharaonen. Der Papyrus Harris I. informiert darüber, dass es in der Ramessidenzeit im Tempel von Memphis eine spezielle Frauensiedlung gab, die der ›serienmäßigen Produktion von Menschen‹ diente. Frauen wurden zum Gebären verpflichtet, ja gezwungen! Hitlers Lebensborn und die bosnischen Vergewaltigungslager sind, wie daraus ersichtlich, keineswegs neue Erfindungen. Wie in Nazideutschland kann man auch für Ägypten annehmen, dass die Väter in diesen Zuchtanstalten zur weißen, indoeuropäischen Erobererrasse gehörten, die hellhäutige Menschen ›züchteten‹, dem äußeren Zeichen der Zugehörigkeit zur überlegenen arischen Herrenrasse – und heute – der christlichen Kultur. (s. im Buch ›Die Folgen der patriarchalen Herrschaft für die Frauen‹)

Dass sich Wissenschaftler gern an der Verbreitung von Mutter-Kind trennenden Lügenmärchen beteiligen, erkennt man auch in einem kurzen Artikel mit der Überschrift ›Glücklich im Bett‹. Israelische Wissenschaftler (es könnten auch muslimische oder christliche sein!) sollen untersucht haben, was glücklich macht: nicht etwa das Baby, sondern die Eltern! Alleinschlafende Eltern seien viel zufriedener, als solche, die zusammen mit ihrem Kind im Bett schlafen! (Migrosmagazin, 23.8.10) Erstaunlich! Auffallend ist doch, wie viele dieser scheinbar glücklichen Eltern wegen des nächtlichen Aufstehens, um das schreiende Baby zu füttern, über Erschöpfung klagen. Doch seit wann macht Erschöpfung glücklich? Ein hungriges Kind, das am Körper der Mutter schläft, kann von der Mutter selbst noch im Halbschlaf an die Brust genommen werden. Dann kann es friedlich und zufrieden wieder einschlafen. Die Mutter erholt sich durch den gewonnen Schlaf auch körperlich und ist dadurch wohl eher eine glückliche und zufriedene Mutter und Partnerin, worüber auch der ausgeschlafene Papa zufrieden sein dürfte.

Wie man sieht, ist es ganz schön raffiniert, wie sich Männer den begehrten nächtlichen Platz am Körper der Mutter sichern! Was ihnen ›gut tut‹ und sie im ›Bett glücklich macht‹, begründen sie gerne und immer wieder ›wissenschaftlich‹ ! Doch was dem Mann! gut tut – die Körpernähe zur Mutter –, ist für das Baby überlebenswichtig. Es braucht den unmittelbaren Körperkontakt im Idealfall mit der Mutter (im Notfall auch mit einer anderen liebevollen Betreuungsperson, die auch der Vater sein kann). Das Baby braucht  noch während Monaten die symbiotische körperliche Verbundenheit für seine gesunde Entwicklung und für sein gesichertes Überleben.

Und denken wir doch daran, wenn wir schon das Glück haben ein Kind geschenkt zu bekommen, schenken wir diesem Kind doch unsererseits während dieser ersten symbiotischen Phase von ein bis zwei Jahren die ganze uneingeschränkte Nähe und Wärme. In der Kleinkindphase geht es ja doch in erster Linie um die Bedürfnisse des Kindes, nicht so sehr um jene der Eltern, wobei sich die Mutter oft ungewollt den Wünschen des Partners anpasst. Solch ›wissenschaftliche‹ Studien, die leicht hingeworfen, in kurzen Artikeln verbreitet werden, genügen oft schon, um die von der Geburt eh geschwächten Mütter zu verunsichern. Das kann im schlimmsten Fall tragische Folgen haben, die durch den Körperkontakt von Mutter und Kind vermieden werden können.

Der mysteriöse plötzliche Kindestod ist die häufigste Todesart im ersten Lebensjahr; eine unvorstellbare Tragik. Obwohl man die Wichtigkeit des Körperkontakts, z.B. durch das Stillen, mit der Mutter erkannt hat, wehrt man die nächtliche Körpernähe von Mutter und Kind ab. Nicht selten sind es Kinderärzte, die behaupten, die Kleinkinder gehörten nicht ins Ehebett, wo sie zerdrückt, überwärmt, verwöhnt oder durch den Beischlaf der Eltern traumatisiert werden könnten! Aber wahrscheinlich handelt es sich dabei um den Ausdruck eigener ungestillter Bedürfnisse, denn oft ist es der Vater, der das Baby von der Mutter wegdrängt und den Platz des Kleinkindes, das die Nähe so dringend brauchen würde, am Körper der Mutter einnimmt; er beansprucht jetzt die Nähe, welche er von seiner Mutter nicht bekommen hat. ›Alleingelassen werden tut weh‹, sagt der Volksmund. Die Hirnforschung hat gezeigt, dass im Hirn die gleichen emotionalen Zentren, der gleiche Schmerzpunkt aktiviert wird, ob es sich um einen körperlichen oder seelischen Schmerz handelt. Ein extremer Schmerz ist das Gefühl von Verlassenheit und Isolation. Isolationshaft ist vollständiger Reizentzug und gehört bekanntlich zu den schlimmsten Foltermethoden; warum muten wir das unseren Kleinkindern zu?
Der Biologe Wolfgang Wickler meint dazu: »Dass wir die Säuglinge in Bettchen ablegen, ist unbiologisch. Anzeichen dafür sind das abnorm häufige Schreien des Verlassenseins, das man von Kindern der Naturvölker kaum hört.«
In ihrem Buch ›Auf der Suche nach dem verlorenen Glück‹ zeigt die Forscherin Jean Liedloff aufgrund ihrer ethnologischen Studien bei den Yequana-Indianern in Venezuela eine andere Welt für Kinder. Liedloff war beeindruckt von der Glücksfähigkeit und friedfertigen Harmonie dieser Menschen. Sie beschreibt dieses Volk als ausgeglichen, fröhlich, zufrieden, glücklich, selbstbewusst und ohne innere Aggression. Sie hat die Menschen nie streiten und Säuglinge nie schreien gehört. Das Geheimnis dieser Idylle: Die Yequanas erziehen ihre Kinder völlig repressionsfrei. Kleinstkinder werden im ersten Lebensjahr während 24 Stunden am Körper gehalten, es besteht immer Körperkontakt zur Mutter oder einer anderen Person. Die Bedürfnisse der Säuglinge werden stets und unmittelbar befriedigt. Das ist es was wir von diesen Menschen lernen können, damit unsere Kinder die Chance haben, zu glücklichen und friedfertigen Menschen heranzuwachsen.
Bei den so genannt ›Primitiven‹ kennt man den ›mysteriösen‹ plötzlichen Kindstod nicht. Und »in China schüttelt man nicht nur den Kopf über die gruselige europäisch-amerikanische Unsitte, ein Kind nicht nur allein schlafen, sondern auch allein schreien zu lassen, nein: man kennt das Phänomen des Plötzlichen Kindestodes dort nicht. DAS sollte uns doch zu denken geben.« Aus einer Rezension des Buches ›Drei in einem Bett. Schlafen mit Kind‹ von Deborah Jackson) »Davis (1985) zeigte, in einer epidemiologischen Untersuchung des Plötzlichen Kindstodes in Hongkong sehr überzeugend, dass PKT dort, im Vergleich zu den meisten westlichen Ländern selten war. […] ›Die gesellschaftliche Stabilität des Familienzusammenhalts ist [in Hongkong] grösser als in vielen westlichen Ländern; frühe Ehen wie auch unerwünschte Kinder sind selten; und eine starke unterstützende, erweiterte Familie existiert [für die Mutter]…, Babys werden viel weniger allein gelassen.‹ Generell beobachtete er, dass der Kontakt mit Säuglingen, auch während des Schlafes, fast ununterbrochen war. ›Ist es möglich‹ so Davis, ›dass der allgegenwärtige körperliche Kontakt mit dem schlafenden Baby das Risiko des Plötzlichen Kindstodes verringert?‹ (D.P. Davis ›Cot in Hongkong: a rare problem?‹ 1985, zit. von Arno Gruen ›Ein früher Abschied‹ 1999, S. 186)

Und das sind die katastrophalen Ratschläge,  die  Eltern bei uns gegeben werden:

Geradezu sadistisch anmutende Ratschläge finden wir in einem Buch mit dem Titel ›Jedes Kind kann schlafen lernen‹ geschrieben von einem Kinderarzt, Dr. Hartmut Morgenroth und Annette Kast-Zahn, so genannten ›Autoritäten‹: »Eltern bringt es oft zur Verzweiflung, dass ihre Kinder nicht oder schlecht schlafen. Um die Schlafstörungen bei Kindern zu beheben, versuchen Eltern wirklich alles. Sie holen das Baby aus dem Bettchen, wiegen es stundenlang in ihren Armen, geben ihm etwas zu essen bzw. zu trinken, lesen ihm eine Geschichte vor und singen ihm etwas vor. Das Kind lernt dabei aber nicht, alleine einzuschlafen und gewöhnt sich an, nur einzuschlafen, wenn ein Elternteil bei ihm ist. Sollte ihr Kind gegen das Zubettgehen protestieren, dann legen Sie es im wachen Zustand in einen abgedunkelten Raum, geben ihm seine Lieblingsdecke oder Kuscheltier und verlassen nach einem kurzen ›Gute Nacht‹ den Raum. Wenn das Kind anfangen sollte zu schreien, dann gehen Sie nach 5 Minuten hinein, geben dem Kind den Schnuller wieder, streicheln kurz über den Kopf, ohne es aus dem Bett zu nehmen und verlassen den Raum erneut. Auch wenn das Kind immer noch schreit, warten Sie weitere 10 Minuten, bevor Sie wieder in das Zimmer gehen. Bleiben Sie nur kurz im Zimmer und gehen Sie erst nach 15 Minuten wieder hinein. Diese Prozedur wiederholen Sie dann mehrmals. Die Nächte danach sollten Sie die Wartezeit um 5 Minuten erhöhen. Kinder beruhigt es, wenn die Eltern immer mal wieder hereinkommen, weil Sie dann merken, dass Mama immer noch da ist, auch wenn Sie nicht im Raum ist. Das andauernde Schreien des Kindes ist für die Eltern oft unerträglich und nervenaufreibend, schadet dem Kind aber psychisch nicht.« (u.a. bei http://www.baby-zeit.de)
Hartmut Morgenroth und Annette Kast-Zahn verdanken ihre Einsichten in die Bedürfnisse des Säuglings dem amerikanischen Schlafforscher Richard Ferber. Warum sind es immer wieder Männer, die bekanntlich noch nie ein Kind geboren haben, die Müttern – besser gesagt Eltern – Ratschläge erteilen? Man kann sich der Vermutung nicht erwehren, dass diese ›Autoritäten‹ den Vätern, die ihre Ruhe und die Aufmerksamkeit ihrer Frau für sich beanspruchen, ein Alibi für ihre egoistische Haltung verschaffen wollen. Leider sind es aber auch ›wohlmeinende‹ Verwandte und Bekannte, die ihre ungefragten Rat-Schläge weitergeben, weil sie selbst mit diesen harten Methoden ›erzogen‹ wurden, damit sie früh lernen sollten, den Bedürfnissen der Eltern zu entsprechen. Doch Eltern haben die Bedürfnisse des Säuglings zu erfüllen, nicht umgekehrt.

Was für eine Grausamkeit steckt hinter den Ratschlägen der erziehenden Besserwisser! Welche Uneinfühlsamkeit in die lebenswichtigen Bedürfnisse eines Kleinkindes und der Mütter, welche oft schweren Herzens den ›Experten‹ folgen. Die Behauptung ›dies schadet dem Kind aber psychisch nicht‹, ist eine ungeheuerliche Aussage mit absolut verheerenden Auswirkungen. Die Gefühle von Verlassenheit, Einsamkeit, Sehnsucht, aber auch der Schmerz darüber von der Mutter nicht ›gehört‹, nicht umsorgt und nicht geliebt zu werden, löst Angst, Frustration und Wut aus. All das wird im Körper in jeder Zelle des Kleinkindes gespeichert. Es wird sich nie mehr daran erinnern, weil sein Gehirn noch nicht ausgereift ist, aber seelische und körperliche Krankheiten können jederzeit und bis ins hohe Alter zum eigenen Schaden oder zum Schaden anderer Menschen ausbrechen. Was man diesem Menschenkind antut, wird es später unbewusst ausleben und weitergeben. Beispielsweise als Vernachlässigung der eigenen Kinder, als Wut auf sie, wenn sie nicht so sind, wie von ihnen erwartet, als Gewalt und Grausamkeit, als Ängstlichkeit bis zur Paranoia, als Borderline-Störung und Schlimmerem.
Frauen müssen sich ihr ureigenes Territorium, das Jahrmillionen alte Wissen um Schwangerschaft, Geburt und Kinderpflege zurückerobern; ihren Körper und ihre Instinkte wieder ernst und in die eigenen Hände nehmen und sich mit den wahren Experten, die sie selber sind und den Weisen Frauen und den Hebammen, zum Wohle ihrer selbst und ihrer Kinder zusammentun.

Traumatisierungen im Kleinkindalter bleiben, sofern sie nicht therapiert werden, im Körper gespeichert und können zu lebenslanger Depression (eher bei Frauen) oder bei Männern durch ihre Abwehr zu narzisstischen Gefühlen von Großartigkeit  oder jederzeit in Suchtverhalten, Aggressionen, Gewalttätigkeit und in Begeisterung für Krieg, Folter und Töten führen.

(s. auch ›Die Entstehung der Sucht‹ auf dieser Homepage)

Literatur:

Morton Schatzman ›Die Angst vor dem Vater‹ – Langzeitwirkungen einer Erziehungsmethode / Eine Analyse im Fall Schreber. November 1982 von

Lloyd DeMause ›Hört ihr die Kinder weinen‹ Eine psychogenetische Geschichte der Kindheit‹ 1990

Alice Miller ›Am Anfang war Erziehung‹ 1980

Arno Gruen ›Der Verlust des Mitgefühls Über die Politik der Gleichgültigkeit‹ 1997

u.a.