Zur Unterscheidung der Gefühle


1.     PRIMÄRE GEFÜHLE

Sie haben mit Bedürfnissen zu tun, mit lebendigem Lebensvollzug und Lebensschutz. Das Achten auf Bedürfnisse ist lebensnotwendig. Es sind Gefühle die zum Handeln führen; und sie machen stark. Sie sind auf die Situation bezogen und nach außen gerichtet. Ihre Dauer ist kurz. Wenn das Bedürfnis vorbei ist, ist das Gefühl vorbei. Sie sind immer gut und richtig. Sie dienen der Sache und übertreiben nicht. Sie haben das genaue Mass. Jemand hat einen Mangel an Nahrung, er verspürt Hunger. Der Hunger treibt ihn zum Essen an. Er isst. Der Mangel ist behoben, der Hunger vorbei. Der Ausdruck von primären Gefühlen ist NIE peinlich oder beschämend.

– Primäre Angst, Wut, Trauer, bringen Kraft zum Handeln, übertreiben nicht, sind angemessen, dienen der Sache, sind kurz und heftig, d.h. schnell vorbei, weil man sich dem Gefühl ganz stellt.

2.     SEKUNDÄRE GEFÜHLE

Sie sind Ersatz für Handeln, man handelt nicht und ist wie gelähmt. Man versucht damit andere zu manipulieren, z.B. sie zu ändern. Sie machen den andern ärgerlich. Sie haben die Qualität von schööön und sind lange andauernd (also bitte, kein Bedauern, der/die andere genießt sie ja). Sie richten sich nach einem alten inneren Bild und sind ohne Realitätskontrolle. z.B.

–       Sekundäre Wut als Abwehr von Ohnmacht oder Trauer (kleine Kinder können diese Gefühle noch nicht ertragen).

–       Tiefe Wut, Hass oder Groll als Abwehr von Schuld, auch Dank-Schuld der Kinder

–       Trauer und ›Verletztheit‹ als Abwehr von Wut; ›Majestätsbeleidigung‹.

–       Aggression und Vorwürfe als Abwehr von Liebe. Die tiefe Urliebe zu den Eltern zum Beispiel ist sehr schmerzhaft und muss deshalb geschützt werden. Deshalb machen ›Kinder‹ ihren Eltern Vorwürfe.

3.     ÜBERNOMMENE GEFÜHLE

Es sind Gefühle einer früheren Person, mit der jemand identifiziert ist. Sie sind von außen  nicht einfühlsam. Sie stimmen nicht, passen nicht zur Situation. Die Betroffenen können damit nicht umgehen. Sie machen unfrei und zwanghaft. Es heißt, die Grundlage, die Ursache bzw. die entsprechende Person zu finden (meistens ein Elternteil), zu der diese Gefühle gehörten. Übernommene Gefühle haben eine große Intensität. Sie werden aus Liebe übernommen. Man kann übernommene Gefühle nicht ›therapieren‹. Man muß  sie als Ritual zurückgeben. Dann ist man frei. Man spürt den Sitz des Gefühls im Körper und gibt es respektvoll zurück.

4.     META-GEFÜHLE

Sind reine Kraft. Sie sind einerseits Ergebnis von Leistungen, anderseits Geschenk und Gnade. Weisheit, Demut als Zustimmung zur Welt, wie sie wirklich ist, Mut, Heiterkeit, ruhige Freude, Liebe, Meta-Aggression, wenn etwas getan werden muss, das schlimm ist, z.B. eine Intervention, eine chirurgische Operation, strategisches Handeln. Das Handeln in diesem Zustand ist wohltuend. Auf dem Höhepunkt der Arbeit muss man ohne Emotionen sprechen, dann ist man im Meta-Bereich. Am Anfang ist der Ausdruck des Gefühls, dann aber ist es wichtig, dass der Übergang gemacht wird.

(nach Bert Hellinger)