«Klopf dich gesund»
Schweizer Familie vom 30.3.2000
Text: Edith Lier (mit freundlicher Erlaubnis der Redaktion)
Beim Antippen von gewissen Körperstellen lösen sich physische und psychische Störungen. «Tappen» heisst die ungewöhnliche Methode.
Absonderlich: Da hat man mit den Fingerspitzen gewisse Körperstellen anzutippen, bestimmte Worte vor sich hin zu murmeln, einige Takte eines beliebigen Liedes zu summen und zu guter Letzt noch mit den Augen zu rollen.
Eigentümlich: Die chronischen Schmerzen im Schulterbereich lassen bei Wiederholung des vorgegebenen Prozederes nach.
Unglaublich: Nach zwei Behandlungen sind die Beschwerden weg. Mehr noch: Auch die Migräne schlägt seither nicht mehr zu.
Was die Kursteilnehmerinnen als eine wundersame Heilung wahrnehmen, gehört für Doris Wolf mittlerweile zur Tagesordnung. Die ausgebildete Psychologin gehört zu den wenigen Therapeutinnen (und Therapeuten) der Schweiz, die bis heute die revolutionäre Kurzbehandlung «Emotional Freedom Technique (EFT)» kennen und mit dieser Methode bei psychischen und physischen Problemen arbeiten – «mit sensationellen Erfolgen», wie sie sagt.
Die in den Achtzigerjahren vom amerikanischen Psychologen Roger Callahan lancierte Methode beruht auf seiner Entdeckung, dass durch das gezielte Antippen (englisch «tapping») an Kopf, Oberkörper und Hand bestimmte Akupunkturpunkte stimuliert werden und sich dadurch seelische Probleme und körperliche Schmerzen in kürzester Zeit auflösen. Er nannte dieses überraschend einfache Verfahren «Thought Field Therapie» (Gedankenfeld-Therapie).
Gary Craig, ein Schüler Callahans, entwickelte die Technik weiter und vereinfachte sie so, dass sie auch von Laien erlernt und erfolgreich angewendet werden kann. Die Quintessenz von EFT fasst der in den USA gefragte Referent und Dozent in einem zentralen Satz zusammen:
«Die Ursache aller negativen Emotionen
ist eine Störung der Harmonie im Energiesystem.»
Doris Wolf sieht in der neuen Methode des «Tappens» einen «Quantensprung» in der Psychotherapie. «Die Wiederherstellung der Balance im Energiesystem kann bei Problemen wie Ängsten, Stress, Phobien, Depressionen, Kopfschmerzen oder Schulterverspannungen sehr schnell zu einer Linderung führen» sagt sie. Die Behandlungen dauern oft nur wenige Minuten und reduzieren sich auf wenige Sitzungen.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Therapien fallen beim EFT langwierige Prozesse des Erinnerns, Bewusstmachens, Verstehens, Durcharbeitens oder Veränderns von Verhaltensmustern weg. Stattdessen zielt die EFT auf Störungen im System der Körperenergien ab, wie es die traditionelle chinesische Medizin lehrt. Dieses umfasst spezifische «Pfade» oder «Meridiane», durch die elektromagnetische Energien als Botschaften durch die Nervenbahnen zum Hirn fliessen. Mit medizinischen Geräten können diese Strömungen heute gemessen werden. So zeichnet das Elektroenzephalogramm (EEG) die elektrischen Aktivitäten des Gehirns auf und das Elektrokardiogramm (EKG) diejenigen des Herzens.
Nicht nur äussere Einflüsse, sondern auch seelische Belastungen können den Energiefluss im Körper beeinträchtigen. Ein Beispiel aus der Praxis: Wer unter Höhenangst leidet, gerät bereits bei einer entsprechenden Filmszene in Panik und reagiert mit Herzrasen oder Schweissausbrüchen. Demnach beeinflusst allein schon das Bild einer Gefahr das Energiesystem und weckt damit negative Assoziationen. «Durch das Tappen bestimmter Meridianpunkte wird der blockierte Energiefluss wieder angeregt und harmonisiert», erklärt Doris Wolf. «Das negative Gefühl oder der Schmerz verschwindet – meist für immer.»
Den Lernvorgang der EFT-Methode vergleicht Craig mit Fahrstunden. Man braucht nicht alle technischen, elektronischen, mechanischen, mathematischen oder chemischen Zusammenhänge des Getriebes zu durchschauen, um Auto fahren zu können. Die Bedienung beispielsweise des Lenkrades, des Gaspedals oder der Bremsen reicht aus. So ist man mit der Anwendung von EFT in kurzer Zeit vertraut und braucht nicht über Tage hinweg teure Kurse zu besuchen. «Nach zwei bis drei Lektionen bei einer Fachperson hat man das «Tappen» im Griff», schätzt Doris Wolf und ermutigt alle, das Gelernte im Familien- und Freundeskreis immer wieder zu üben: «Man kann nämlich nichts falsch machen.»
Dass diese erstaunlich einfache Technik auch Skepsis auslöst, ähnlich wie die heute medizinisch anerkannte Akupunktur, erstaunt nicht, widerspricht sie doch allen gängigen Vorstellungen, wonach tiefe, dauerhafte, seelische Probleme und physische Schmerzen nicht in so kurzer Zeit zum Verschwinden gebracht werden können. «Die meisten Patientinnen und Patienten stehen der Technik zuerst skeptisch gegenüber», weiss Doris Wolf aus Erfahrung. Häufig führen sie die Gründe für eine tatsächliche Besserung auf Hypnose, positives Denken oder einen festen Glauben zurück. «Die Methode wirkt auch bei den Ungläubigen», widerspricht Doris Wolf den Zweiflern und weist auf ihre erfolgreiche Arbeit mit Kindern hin, die intuitiv spüren, was ihnen gut tut, und sehr schnell spielerisch lernen, selbst zu tappen.
Auch wenn die «Emotional Freedom Technique» in Amerika Erfolgswerte um die 80 Prozent ausweist, ist sie keine Allerwelts- und Heilmethode und stösst wie der beste Arzt, Chirurg oder Heiler an Grenzen. Doris Wolf wünscht sich vermehrt eine beidseitige Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft. Mediziner könnten bei vielen «hoffnungslosen» Fällen noch auf eine Alternative hinweisen und den Erfolg der Behandlung überprüfen.
Bei Sabina jedenfalls hat es erwiesenermassen auf Anhieb geklappt. «Nach einem Bruch in der Schulter und einem Riss der Rotatorenmanschette (an ihr sind die Oberarmmuskeln angebracht) hatte ich über Jahre hinweg Schmerzen, trotz Medikamenten, Physiotherapie und Fango» berichtet die zweifache Mutter. «Schon nach der ersten EFT-Behandlung waren die Schmerzen ganz und die Verspannung grösstenteils weg. «In ihrer Begeisterung hat sie die Methode auch bei ihem Hund getestet, als er durch Lärm plötzlich aufgeschreckt wurde und kaum mehr zu bändigen war. Durch «Tappen» liess sich das verstörte Tier beruhigen.
Die Frau für alle Fälle
Die Psychologin Doris Wolf ist immer offen für neue Methoden.
Mit zwanzig Jahren kaufte sich Doris Wolf von ihrem ersten selbstverdienten Taschengeld das Buch «Freud und das Unbewusste». Seither bestimmt Psychologie ihr Leben. Als gelernte Wirtschaftsfachfrau und eidg. dipl. Werbeleiterin HSG absolvierte sie eine langjährige Lehranalyse une bildete sich in Freudscher Analyse aus.
Danach wandte sie sich der Humanistischen Psychologie zu, die in den Siebzigerjahren in Amerika einen Boom erlebte.
Alles was zu einer besseren und schnelleren Behandlung beitragen kann, hat sie in ihren «Arbeitskoffer» gepackt, darunter auch Systemische Familientherapie und Neurolinguistisches Programmieren (NLP) und Psycho-Kinesiologie.